Astro-Zombies
… und dann musste eben doch.
Meine Mutter, die im Juni einen Schlaganfall hatte und jede Behandlung verweigert hat, ist jetzt alleine zu Hause. Sie ist stark dement.
Der Pflegedienst kommt morgens und abends, gibt ihr ihre Medikamente und macht ihr Essen. Mittags kommt Essen-auf-Rädern. Sie isst nicht, sie trinkt kaum und magert immer mehr ab.
Im Kühlschrank stapeln sich die Essenspakete vom Bringdienst. Sie rührt sie nicht an, sie hat keinen Hunger. Sie raucht 3-4 Packungen Zigaretten am Tag und lebt in permanenter Angst, dass sie keine Zigaretten mehr hätte, auch wenn direkt neben ihr auf dem Sofa eine ganze Stange liegt.
Die nimmt sie gar nicht wahr und verlangt, dass sie zur Tankstelle gebracht wird, um Zigaretten zu holen.
Sie kann nicht sprechen. Sie kann sich an nichts erinnern, was in jüngster Vergangenheit, inklusive der letzten 2 Minuten passiert ist. Auch nicht daran, dass sie vor ein paar Tagen alleine ins nächste Dorf laufen wollte um dort in den Supermarkt zu gehen. Geschafft hat sie es bis eine Straße weiter, wo sie dann von Dorfbewohnern auf dem Boden liegend aufgefunden und nach Hause gebracht wurde.
Die Post öffnet sie seit Monaten/Jahren nicht mehr. Um Rechnungen, Pflegeversicherung, Krankenversicherung, Pflegedienst, Essen auf Rädern, Arzttermine, Telefonate mit Hilfsdiensten, Ämtern, Ärzten etc. kümmere ich mich.
Ihr Ex/Lebensgefährte besucht sie einige Male am Tag und schaut nach dem Rechten, er nimmt sie mit zum Einkaufen, wo man auch Kaffee trinken kann, damit sie unter Leute kommt und organisiert den Logopäden.
Ihr Zustand verschlechtert sich rapide und natürlich möchte sie nicht in einem Heim untergebracht werden, sondern zu Hause bleiben.
Sie würde sich spätestens nach 2 Tagen wieder, wie auch im Krankenhaus oder der zweimal versuchten Reha wieder selbst nach Hause entlassen.
Sie war schon vor der Demenz und den Schlaganfällen die sturste und uneinsichtigste Person, die ich jemals in meinem Leben kennengelernt habe, und das ist nur noch schlimmer geworden.
Wir nahen Angehörigen sind komplett überfordert mit der Situation, und wir wissen einfach nicht mehr, was tun,
Die Situation und die Sturheit meiner Mutter kosten uns Nächte, Nerven und Zeit und wir gehen alle auf dem Zahnfleisch.
Mir wird vorgeworfen, ich würde mich nicht kümmern – wobei ich mich in den letzten Monaten um Etliches in unzähligen Stunden und Telefonaten gekümmert habe.
Ich habe eine eigene Familie, ein sehr forderndes Kind im Kindergartenalter, ein Haus, in dem noch sehr viel zu tun ist und einen Vollzeitjob und kann nicht jeden Tag bei ihr vorbeifahren und nachschauen, ob alles okay ist. Dafür habe ich Pflegestufen, Pflegedienste und das Essen auf Rädern organisiert.
Ich habe ihre Betreuungsverfügung und die Vorsorgevollmacht, die mich berechtigt, sie „unterzubringen“. Ich habe auch die Berechtigung, sie solange es „zu ihrem Wohl erforderlich ist“, über ihre freiheitsentziehende Unterbringung zu entscheiden.
Das Schlimmste ist aber, dass ich keine Ahnung habe, was zu tun ist. Dürfen Pflegeheime demente Patienten, so wie Krankenhäuser, wieder auf eigenen Wunsch nach Hause entlassen? Dann haben wir den gleichen Zirkus mit Hinbringen- und abholen in Endlosschleife.
Mit zermürbenden, nicht enden wollenden „Ihre Mutter möchte nach Hause, sie müssen sie abholen kommen“-Telefonaten.
Mit fruchtlosen Diskussionen mit der Familie, weil „man doch was machen muss, DAS GEHT DOCH SO NICHT!!!!“.
Manchmal habe ich Momente, an denen ich einfach nicht mehr weiß, wie ich weitermachen soll. Und dann kommt der Kleine oder die Arbeit oder sonstwas, und dann musste eben doch.
Der Wahnsinn dreht sich im Kreis.
Mutter hat Schlaganfall.
Mutter entlässt sich nach Schlaganfall selbst aus Krankenhaus.
Mutter entlässt sich nach Schlaganfall selbst aus Reha.
Wir organisieren, dass sie nochmal hindarf.
4 Tage – Mutter entlässt sich wieder selbst aus Reha.
Eine Ärztin hatte sie gestern überreden können, heute nochmal die Sprachtherapie um 14.00 mitzunehmen.
Um kurz vor 10 heute morgen klingelte das Telefon.
Sie wolle nach Hause.
Habe also erst mit der Schwester telefoniert, dann mit dem Sozialen Dienst, dann die Familie informiert. Ein befreundeter Logopäde ist ins KH gefahren, um nochmal mit ihr zu sprechen.
Das war vorher so mit ihr abgesprochen.
Sie ist komplett uneinsichtig. Braucht keine Hilfe.
Das KH ruft wieder an. Sie ist ungeduldig und will nach Hause.
Sie hat keinen Hausschlüssel. Ihr Ex-LG (der sich darum gekümmert hat und Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hat, dass sie nochmal in die Reha kann), weigert sich, ihr weiter zu helfen und hinzufahren und ihr aufzuschließen.
Ich sage der Schwester, dass ich arbeiten muss, und jetzt nicht einfach durch die Gegend fahren werde, um ihr die Tür aufzumachen. (Wir weigern uns alle sie abzuholen.) Die Schwester sagt, dann würden sie ihr ein Taxi rufen.
Meinetwegen. Sie will sich selbst entlassen und braucht keine Unterstützung, keine Hilfe, und auch nicht sprechen können?
Soll sie mit dem Taxi nach Hause fahren.
Sie isst den ganzen Tag vielleicht ein Brötchen. Raucht.
Trinkt ein bisschen Kaffee. Raucht.
Trinkt ein bisschen Wasser. Raucht.
Guckt den ganzen Tag TV. Raucht.
Nimmt Schlaftabletten. Raucht.
Wird immer dürrer und klappriger. Raucht noch mehr.
Sie tritt alle Versuche, ihr irgendwie zu helfen, mit Füßen.
Ihr ist das alles egal.
Sie will nach Hause.
Aufs Sofa. Und rauchen.
4 Packungen am Tag.
Derweil nervt mich die Familie, dass man sich doch um sie kümmern muss. Schreibt mir Nachrichten, wo ich überall anrufen soll.
Mit welchen Ärzten ich reden soll.
Ich telefoniere mit Amtsärzten, mit dem Sozialpsychiatrischen Dienst, mit Pflegediensten, mit Krankenhäusern, mit Schwestern, mit Ärztinnen, spreche mit Logopäden, halte die Familie auf dem Laufenden, die, mit winzigen Ausnahmen wie „DU MUSS SIE ENTMÜNDIGEN UND EINWEISEN LASSEN!!!!111“ keinerlei Beitrag leistet.
Gespräche mit Mutter sind katastrophal.
Zum Einen, weil sie schon immer der mit Abstand der sturste, uneinsichtigste und unbelehrbarste Mensch ist, den ich jemals kennengelernt habe. (Ihr denkt, Querdenker hätten ne Schraube locker, was Fakten, Logik und Realität angeht?
Pfffft. Kindergeburtstag gegen meine Mutter.)
Zum Anderen, weil die Schlaganfälle alles nur noch schlimmer gemacht haben. Schon nach dem ersten Schlaganfall hatte sie massive Erinnerungsprobleme und Gedächtnislücken.
Natürlich war sie schon nach dem ersten Schlaganfall nicht in der Reha. Brauchte sie nicht. Braucht keine Hilfe.
Nach dem zweiten Schlaganfall – und der Tatsache, dass zwischen Schlaganfall und *mir* Bescheid geben, dass es ihr „nicht so gut“ geht
(sprich: Arm nicht bewegen und nicht sprechen können) 12 Stunden (!) lagen – ist es dramatisch schlimmer geworden.
Sie ist noch unseinsichtiger, noch störrischer, noch unbelehrbarer geworden als ich jemals dachte.
Wir haben versucht, was wir können, um ihr zu helfen. Sie will´s einfach nicht.
Ich besorge ihr jetzt noch einen Pflegedienst, der morgens und abends nach ihr schaut, ihr was zu Essen hinstellt (ich hatte ihr Essen auf Rädern bestellt, am dritten Tag hat sie die Tür nicht mehr aufgemacht) und die Medikamente zurechtlegt.
Sie bekommt auch einen Notrufschalter – wenn man nicht sprechen kann, ist´s irgendwie blöde, wenn einem was passiert und man am Telefon nicht sprechen kann.
Soll sie in ihrer vollgerauchten Bude hocken und den ganzen Tag von morgens bis nachts Fernsehen gucken.
Ich bin da raus sobald das mit dem Pflegedienst läuft.
Eine Anmerkung noch, was die Familie angeht. Hier muss ich ganz klar meine Cousine aus der Gleichung nehmen. Die hat mich immer unterstützt und ist auch mit mir zu Mutter gefahren und war immer da, wenn ich sie brauchte.
Und ihr Ex-LG, der immer mal wieder nach ihr geschaut und den erneuten Rehaplatz klargemacht hat.
Der hat jetzt auch endgültig die Schnauze voll.
Hat sie soeben reingelassen, weil er noch einen Schlüssel hat.
Der Taxifahrer hat ihn angerufen, weil sie nicht reingekommen ist. Er hat ihr die Tür aufgemacht, wurde noch angepampt und ist dann wieder abgehauen.
Battle-Mechs
Cyberzombies
Shadowrun-AI-Images
Müde #2
Ich bin müde.
Ich bin erschöpft.
Von so vielen Dingen*.
Von kaum Schlaf seit Jahren.
Vom permanent krank sein.
Ich war dieses Jahr rund 3-4 Monate allein mit Erkältungen beschäftigt. Meistens gleichzeitig mit dem Glücksäffchen. Das darf und soll krank nicht in die Kita, also muss jemand da sein und sich kümmern. Krank ein krankes Kind betreuen, wahrend man selbst auch noch kaum Schlaf bekommt, frisst die Reserven schneller als ein Benzinbrand Papier. Der Kleine ist oft krank, und ich fast jedes Mal mit. Jedes Mal kostet mehr Kraft als das Mal davor.
Es gibt keine Pause für uns. Wir stemmen alles zu zweit. Manchmal sind wir beide und der Kleine krank. Dann gehen wir beide am Stock. Niemand kann den Kleinen mal nehmen. Nicht für eine Stunde, nicht für einen Tag. Einer von uns verbringt die Nächte bei ihm, damit der andere wenigstens die Chance auf Schlaf hat.
Wir haben seit drei Jahren drei Abende für uns ohne den Kleinen gehabt, weil der Kleine mal bei seiner Tagesmutter übernachten konnte. Wir wissen schon fast nicht mehr, wie man ein Paar ist. Mir fehlt meine Frau.
Ich bin Müde von den letzten beiden Corona-Jahren.
Wir haben die Lockdowns gestemmt. Mit zwei Fulltime-Jobs und Kleinkind. Wir haben in Schichten gearbeitet. Wir hatten keine Pause, keine Zeit zum Atmen, keine Zeit zum Leben. Wir haben immer noch keine Pausen, keine Zeit zum Atmen, keine Zeit zum Leben. Keine Zeit und auch keine Kraft zum Spaß haben, zum Sport machen, zum sich-Vergnügen.
An den meisten Tagen gibt´s Riesendramen mit Weinen und Schreien und alles on-Edge. Weil´s in die Kita gehen soll, weil wir von der Kita wiederkommen, weil irgendjemand irgendwas gegessen hat, weil irgendjemand irgendwas nicht gegessen hat, weil wir rauswollen, weil wir nicht rauswollen, weil´s die falschen Socken sind, es kann alles Auslöser sein.
Alles kann 30-60 Minuten Drama nach sich ziehen.
Mehrere Male am Stück.
Manchmal die halbe Nacht und den ganzen Tag.
Die Nächte sind für uns oft schon um drei Uhr vorbei, weil der Kleine Albträume hat, schreit, weint, sich nicht trösten lassen möchte und oft Stunden braucht, um sich wieder zu beruhigen. Danach können wir beide meist nicht mehr einschlafen.
Ich habe oben von „Chance auf Schlaf“ geschrieben. Der Kleine schreit nachts of so laut und lange, dass selbst Ohrenstöpsel nicht mehr helfen, selbst, wenn man im Zimmer daneben schläft.
Nach zwei Wochen gesund sein hustet er jetzt schon wieder. Aber hey, ich habs immerhin geschafft, in der Zeit zweimal zu Laufen und zu Trainieren.
*Das hier ist nur ein, aber ein ziemlich großer und zentraler Teil. Die meisten anderen Sachen würden womöglich nicht halb so sehr ins Gewicht fallen, wenn man zumindest schlafen könnte. 😐
Das Große Versagen und der Untergrund
In Zeiten, in denen Unsicherheit von denen verbreitet wird, die Sicherheit vermitteln sollen, in Zeiten, in denen man sich um die sorgt, die man liebt, in Zeiten, auf die einen niemand vorbereiten konnte, weil sie noch niemand erlebt hat, muss man Wege gehen, von denen man niemals gedacht hat, dass man sie gehen würde.
Wir leben nun leider in den Zeiten einer globalen Pandemie, die Krankenhäuser und Intensivstationen sind überfüllt, wichtige Operationen für schwer kranke Menschen werden verschoben oder ganz ausgesetzt. Menschen sterben. Viele Menschen sterben.
Im Moment sterben am Tag rund 400 Menschen an Covid-19, der Delta-Variante. Viele Menschen leiden unter Long Covid.
Das große Versagen der Politik
Die Politik hat nichts dagegen getan, dass viele Menschen sich aus Pflegeberufen zurückziehen. Nach der ersten Welle nicht, nach der zweiten Welle nicht, nach der dritten Welle nicht, und in der vierten – und bisher härtesten – Welle stehen wir da und haben 6000 Intensivbetten weniger als noch vor einem Jahr. Also – die Betten sind schon noch da, die Menschen, die dafür ausgebildet sind, an ihnen Kranke zu betreuen, sind es nicht mehr. Verständlicherweise.
(Die Politik lässt sich von Querdenkern (und der FDP) an der Nase durch die Manege ziehen.
Maßnahmen, die wirklich helfen würden, werden nicht durchgeführt, weil irgendwer immer irgendwo „FREIHEIT!!111 EINSCHRÄNKUNG DER GRUNDRECHTE!!“ schreit. Meistens sind das Rechte und/oder Schwurbler, zwischendurch mal ein Kubicki oder ein Lindner.
Leute, die lieber Pferdeentwurmungsmittel oder Bleiche fressen statt sich eine Impfung abzuholen. Leute, die sich radikalisieren, die zum Mord von Politikern aufrufen und mit Fackeln bewaffnet vor deren Häusern randalieren. Die Polizei hält sich dezent zurück.)
Die Delta-Variante wird sich aber in der kommenden Zeit verabschieden. Omikron ist da. Noch ansteckender als Delta. Gefährlicher? Das ist noch unbekannt.
Die Impfungen, auf die sich viele verlassen haben, verlieren ihre Wirkung. Die Wirksamkeit sinkt zwar nicht auf Null, aber reduziert sich auf ca. 50% – zumindest beim Biontec- und Moderna-Impfstoff. Wer Astra Zeneca oder Johnson + Johnson bekommen hat, steht deutlich schlechter da.
Das war von vornherein klar, das war bekannt – und es wurde von der Politik wie auch vielen Geimpften einfach ignoriert. Ebenso wie die Tatsache, dass man auch geimpft noch infiziert sein kann und das Virus auch weitergeben kann.
Die Inzidenzen haben jetzt ein Plateau erreicht.
Nicht, weil sich nicht mehr Menschen infizieren. Nein, die Inzidenzen klettern nicht mehr weiter, weil Gesundheitsämter nicht mehr hinterherkommen, alle Fälle zu melden.
Wir sind am Limit der Meldekapazität angekommen, die Infektionskurve wird dennoch weiter (exponentiell) steigen. Gerade, wenn sich Omikron weiter verbreitet.
Es ist nicht die Frage: „Infizieren wir uns?“ sondern
„Wann infizieren wir uns?“ und – „Bin ich geimpft oder nicht?“
Schwurbler behaupten, die Impfung wirke nicht, weil sich trotz Impfung Leute mit Corona auf Intensivstationen finden. Bullshit. Man kann sich, wie gesagt, dennoch infizieren, aber die Chance, einen milden Verlauf und weniger Risiko auf Long Covid zu haben, sind mit Impfung deutlich höher.
Der Wildtyp und die Delta-Variante waren für Kinder, je kleiner sie waren, statistisch gesehen, *relativ* ungefährlich. Omikron schmeißt das über den Haufen. In Ländern, in denen schon eine große Omikron-Verbreitung anzutreffen ist, sind auch deutlich mehr Kinder hospitalisiert und auf Intensivstationen.
Die Regierung macht falsch, was man nur falsch machen kann, die 2G/3G-Regelungen sind ein Witz, niemand kontrolliert das wirklich. Selbst getestet nur noch irgendwo rein zu können, ist ein Witz, da bei Geimpften die Schnelltests viel zu oft „Negativ“ anzeigen.
Derzeit ist alles noch geöffnet, Kinos, Restaurants, Geschäfte- aber nur für Leute, die die 2G-Regel erfüllen. Umgeimpft und getestet kommt man nirgends rein. Was ich persönlich auch für richtig erachte – meiner Meinung nach sollte für 3,4 Wochen niemand mehr irgendwo reinkommen und alle sollten geimpft sein. Das entlastet die Intensivstationen und es würden mehr Menschen überleben und weniger Menschen an den Folgen der Covid-Infektion leiden.
Aber: Das Einzige, was wirklich helfen würde, ist ein richtiger Lockdown.
Alles dicht. Keine Ausnahmen, außer für Lebensmittel, und vielleicht Tankstellen. Aber das ist leider nur meine Meinung.
Sicheres Glücksäffchen
Da die relevante Frage „Wann infizieren wir uns“ natürlich auch für kleine Kinder, wie unser Glücksäffchen gilt, ist die nächste logische Frage für mich „Möchte ich mein Kind komplett ohne Schutz infizieren lassen oder möchte ich ihm den bestmöglichen Schutz mitgeben, den wir haben?“.
Natürlich möchte ich meinem Kind den bestmöglichen Schutz geben, den wir haben.
Ich liebe mein Kind.
Ich möchte mein Kind nicht auf einer Intensivstation *nicht* besuchen können, während es dort allein, umgeben von Maschinen und Pflegern um sein Leben kämpft.
Kinderärzte impfen nicht.
Impfen nicht U12, impfen nicht U5, weil noch keine Empfehlung der Stiko vorliegt, obwohl mehr als ausreichend Daten aus Israel und den USA vorliegen, die belegen, dass es kaum Nebenwirkungen (außer den Üblichen; Arm tut weh, Erkältungssymptome für ein paar Tage) auch bei Kindern U12 / U5 gibt.
Die Kinder müssen aber trotzdem in Kitas, Kindergärten und Schulen, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie sich infizieren. Die Politik scheißt drauf. Hauptsache, die Eltern können weiter zur Arbeit rennen. Kinder werden auf dem Altar der Erwerbstätigkeit geopfert.
Im Moment rauscht Delta durch die nichtgeimpften Altersgruppen wie ein heißes Messer durch Butter. Der Anteil an Hospitalisierungen bei Kindern und Jugendlichen klettert immer weiter in die Höhe.
Real Untergrund.
Also mussten wir eine Entscheidung treffen. Wir haben uns entschieden, nach einer Impfmöglichkeit für das Glücksäffchen zu suchen.
Und, nach einiger Zeit haben wir eine gefunden. Der Weg dahin war nicht leicht. Um den Schutz der U12 / U5 impfenden Ärzte zu gewährleisten, ist es schon ein bisschen, wie wenn man was Verbotenes tut.
Mit Screening, ob man kein Schwurbler ist. Kein Querdenker.
Daten dürfen nicht weitergegeben werden, Identitäten sollen nur einem kleinen Kreis bekannt bleiben. Weil Querdenker zum Mord von impfenden Ärzten aufrufen und sie mit Morddrohungen überhäufen.
Gestern waren wir unterwegs, das Glücksäffchen impfen lassen. Wir waren von morgens bis spät abends mit dem Kleinen unterwegs. Für einen kleinen Piks, der selbstversändlich für alle Kids sein sollte, weil er einen so großen Unterschied macht.
(Der Kleine hat den Piks übrigens super überstanden.)
Mir ist ein riesiger Stein vom Herzen gefallen, weil ich weiß, dass unser Junges jetzt schon ein bisschen sicherer ist. Gleichzeitig fühlte ich mich, als wäre ich ein Krimineller, der etwas Verbotenes tut. Real Untergrund. Und das sollte nicht so sein, wenn man nur sein Kind schützen möchte. Das ist nicht richtig.
Aber wir wissen jetzt, dass das Glücksäffchen sicherer ist, und das ist mir das alles wert.
So viel zu tun, so wenig Kraft
In knapp 2,5 Monaten ziehen wir um.
Ziehen in meine alte Heimat, verlassen unser schönes Haus im Ruhrgebiet, verlassen unser Gym, unsere Arbeitsstelle (nur physisch), die Kita des Kleinen (mit den beiden Betreuerinnen, die er wirklich liebt) und unsere Gewohnheiten, Wege, ja, unser ganzes Leben der letzten 8 Jahre.
Wir haben endlich ein Haus gefunden, welches auf unsere Anforderungen passt, nicht zu teuer ist, und wirklich schön gelegen.
Ein großer Teil von mir freut sich darauf, endlich wieder bei Familie und Freunden zu sein, ein kleiner Teil hat doch schon etwas wie Wehmut. Aber, was mich viel mehr beschäftigt, ist, wie meine Familie damit umgehen wird und kann.
Meine Frau sieht Zahlen, Unwegbarkeiten und die Probleme, die auftauchen könnten. Wir haben eine riesige to-do-Liste. Wir müssen uns zeitgleich auch noch darum kümmern, unsere Autos loszuwerden und ein neues zu organisieren. Streichen, Handwerker bestellen, Küche aufbauen lassen, um gestiegene Gas- und Strompreise kümmern, Farben zum Streichen suchen, Telefon- und Internet umbestellen, das alte Haus übergabefertig machen, Sachen aussortieren, packen, Sperrmüll klarkriegen und so weiter. Und wir haben hier einfach niemanden außer uns. Das ist viel zu tun für zwei Leute, die in Vollzeit arbeiten und noch ein sehr forderndes Kleinkind betreuen.
Immerhin: Der Große freut sich jedenfalls sehr auf die neue Schule, neue Leute und ein neues Leben. Und das nimmt mir schon mal einen riesigen Klotz von den Schultern.
Der Kleine ahnt vermutlich etwas, ist aber noch viel zu klein, um zu verstehen, was auf ihn zukommt. Dass sich sein Leben in 2.5 Monaten komplett ändern wird, und er seine Betreuerinnen und seinen Best-Buddy aus der Kita vielleicht niemals wiedersehen wird.
Klar, man kann sagen, dass er noch klein ist, sich schon umgewöhnen wird, und das ist sicherlich alles richtig. Was mir das Herz bricht, ist, dass er kein Mitspracherecht hatte, und nicht einmal weiß, dass er seine beiden Betreuerinnen nicht wiedersehen wird und sich nicht einmal verabschieden kann.
Er ist ein wundervoller, sehr emotionaler und sehr liebenswerter kleiner Mensch und die beiden sind, da wir hier ja komplett ohne Familie und Freunde waren, seine Familie. Die gehören dazu. Sie werden auf einmal nicht mehr da sein, und er weiß nicht einmal, wieso.
Klar, er kommt in einen neuen Kindergarten, bekommt viel mehr von seiner Familie und Freunden mit, wo auch viele Kids in seinem Alter sind. Aber trotzdem. Das ist ein großer Verlust für so einen kleinen Kerl, und ich hoffe, wir können das irgendwie auffangen.
Es sind nur noch ein paar Monate, und je näher der Termin rückt, desto surrealer wird das alles für mich. Durch die Coronasituation wird alles nicht nur surrealer, sondern geradezu bizarr.
Ich werde jetzt alles dafür tun, mir den Dreck nicht noch durch Unachtsamkeiten einzufangen, nicht mehr zum Boxen gehen (zumindest nicht vor der Booster-Impfung), im Homeoffice arbeiten und hoffen, dass niemand das in Kita oder Schule anschleppt.
Wir sind müde und erschöpft. Müde von der Aufgabe, die vor uns steht, müde von den drei Jahren, die ohne irgendeine Form von Unterstützung mit Kleinkind hinter uns liegen, müde von der Corona-Situation, uns sitzen die Lockdowns vom letzten Jahr immer noch in den Knochen und eigentlich können wir nicht mehr.
Wir schleppen uns von Tag zu Tag, zählen Stunden und manchmal auch Minuten. Wir freuen uns, wenn wir aufstehen, schon darauf, endlich Abend zu haben und wieder schlafen zu können. Dabei schlafen wir seit drei Jahren nur mit Unterbrechungen. Selbst, wenn wir mal, was selten ist, durchschlafen, hilft das nicht, auch nur einen kleinen Balken des Akkus wieder aufzuladen.