Müde #2
Ich bin müde.
Ich bin erschöpft.
Von so vielen Dingen*.
Von kaum Schlaf seit Jahren.
Vom permanent krank sein.
Ich war dieses Jahr rund 3-4 Monate allein mit Erkältungen beschäftigt. Meistens gleichzeitig mit dem Glücksäffchen. Das darf und soll krank nicht in die Kita, also muss jemand da sein und sich kümmern. Krank ein krankes Kind betreuen, wahrend man selbst auch noch kaum Schlaf bekommt, frisst die Reserven schneller als ein Benzinbrand Papier. Der Kleine ist oft krank, und ich fast jedes Mal mit. Jedes Mal kostet mehr Kraft als das Mal davor.
Es gibt keine Pause für uns. Wir stemmen alles zu zweit. Manchmal sind wir beide und der Kleine krank. Dann gehen wir beide am Stock. Niemand kann den Kleinen mal nehmen. Nicht für eine Stunde, nicht für einen Tag. Einer von uns verbringt die Nächte bei ihm, damit der andere wenigstens die Chance auf Schlaf hat.
Wir haben seit drei Jahren drei Abende für uns ohne den Kleinen gehabt, weil der Kleine mal bei seiner Tagesmutter übernachten konnte. Wir wissen schon fast nicht mehr, wie man ein Paar ist. Mir fehlt meine Frau.
Ich bin Müde von den letzten beiden Corona-Jahren.
Wir haben die Lockdowns gestemmt. Mit zwei Fulltime-Jobs und Kleinkind. Wir haben in Schichten gearbeitet. Wir hatten keine Pause, keine Zeit zum Atmen, keine Zeit zum Leben. Wir haben immer noch keine Pausen, keine Zeit zum Atmen, keine Zeit zum Leben. Keine Zeit und auch keine Kraft zum Spaß haben, zum Sport machen, zum sich-Vergnügen.
An den meisten Tagen gibt´s Riesendramen mit Weinen und Schreien und alles on-Edge. Weil´s in die Kita gehen soll, weil wir von der Kita wiederkommen, weil irgendjemand irgendwas gegessen hat, weil irgendjemand irgendwas nicht gegessen hat, weil wir rauswollen, weil wir nicht rauswollen, weil´s die falschen Socken sind, es kann alles Auslöser sein.
Alles kann 30-60 Minuten Drama nach sich ziehen.
Mehrere Male am Stück.
Manchmal die halbe Nacht und den ganzen Tag.
Die Nächte sind für uns oft schon um drei Uhr vorbei, weil der Kleine Albträume hat, schreit, weint, sich nicht trösten lassen möchte und oft Stunden braucht, um sich wieder zu beruhigen. Danach können wir beide meist nicht mehr einschlafen.
Ich habe oben von „Chance auf Schlaf“ geschrieben. Der Kleine schreit nachts of so laut und lange, dass selbst Ohrenstöpsel nicht mehr helfen, selbst, wenn man im Zimmer daneben schläft.
Nach zwei Wochen gesund sein hustet er jetzt schon wieder. Aber hey, ich habs immerhin geschafft, in der Zeit zweimal zu Laufen und zu Trainieren.
*Das hier ist nur ein, aber ein ziemlich großer und zentraler Teil. Die meisten anderen Sachen würden womöglich nicht halb so sehr ins Gewicht fallen, wenn man zumindest schlafen könnte. 😐
Das Große Versagen und der Untergrund
In Zeiten, in denen Unsicherheit von denen verbreitet wird, die Sicherheit vermitteln sollen, in Zeiten, in denen man sich um die sorgt, die man liebt, in Zeiten, auf die einen niemand vorbereiten konnte, weil sie noch niemand erlebt hat, muss man Wege gehen, von denen man niemals gedacht hat, dass man sie gehen würde.
Wir leben nun leider in den Zeiten einer globalen Pandemie, die Krankenhäuser und Intensivstationen sind überfüllt, wichtige Operationen für schwer kranke Menschen werden verschoben oder ganz ausgesetzt. Menschen sterben. Viele Menschen sterben.
Im Moment sterben am Tag rund 400 Menschen an Covid-19, der Delta-Variante. Viele Menschen leiden unter Long Covid.
Das große Versagen der Politik
Die Politik hat nichts dagegen getan, dass viele Menschen sich aus Pflegeberufen zurückziehen. Nach der ersten Welle nicht, nach der zweiten Welle nicht, nach der dritten Welle nicht, und in der vierten – und bisher härtesten – Welle stehen wir da und haben 6000 Intensivbetten weniger als noch vor einem Jahr. Also – die Betten sind schon noch da, die Menschen, die dafür ausgebildet sind, an ihnen Kranke zu betreuen, sind es nicht mehr. Verständlicherweise.
(Die Politik lässt sich von Querdenkern (und der FDP) an der Nase durch die Manege ziehen.
Maßnahmen, die wirklich helfen würden, werden nicht durchgeführt, weil irgendwer immer irgendwo „FREIHEIT!!111 EINSCHRÄNKUNG DER GRUNDRECHTE!!“ schreit. Meistens sind das Rechte und/oder Schwurbler, zwischendurch mal ein Kubicki oder ein Lindner.
Leute, die lieber Pferdeentwurmungsmittel oder Bleiche fressen statt sich eine Impfung abzuholen. Leute, die sich radikalisieren, die zum Mord von Politikern aufrufen und mit Fackeln bewaffnet vor deren Häusern randalieren. Die Polizei hält sich dezent zurück.)
Die Delta-Variante wird sich aber in der kommenden Zeit verabschieden. Omikron ist da. Noch ansteckender als Delta. Gefährlicher? Das ist noch unbekannt.
Die Impfungen, auf die sich viele verlassen haben, verlieren ihre Wirkung. Die Wirksamkeit sinkt zwar nicht auf Null, aber reduziert sich auf ca. 50% – zumindest beim Biontec- und Moderna-Impfstoff. Wer Astra Zeneca oder Johnson + Johnson bekommen hat, steht deutlich schlechter da.
Das war von vornherein klar, das war bekannt – und es wurde von der Politik wie auch vielen Geimpften einfach ignoriert. Ebenso wie die Tatsache, dass man auch geimpft noch infiziert sein kann und das Virus auch weitergeben kann.
Die Inzidenzen haben jetzt ein Plateau erreicht.
Nicht, weil sich nicht mehr Menschen infizieren. Nein, die Inzidenzen klettern nicht mehr weiter, weil Gesundheitsämter nicht mehr hinterherkommen, alle Fälle zu melden.
Wir sind am Limit der Meldekapazität angekommen, die Infektionskurve wird dennoch weiter (exponentiell) steigen. Gerade, wenn sich Omikron weiter verbreitet.
Es ist nicht die Frage: „Infizieren wir uns?“ sondern
„Wann infizieren wir uns?“ und – „Bin ich geimpft oder nicht?“
Schwurbler behaupten, die Impfung wirke nicht, weil sich trotz Impfung Leute mit Corona auf Intensivstationen finden. Bullshit. Man kann sich, wie gesagt, dennoch infizieren, aber die Chance, einen milden Verlauf und weniger Risiko auf Long Covid zu haben, sind mit Impfung deutlich höher.
Der Wildtyp und die Delta-Variante waren für Kinder, je kleiner sie waren, statistisch gesehen, *relativ* ungefährlich. Omikron schmeißt das über den Haufen. In Ländern, in denen schon eine große Omikron-Verbreitung anzutreffen ist, sind auch deutlich mehr Kinder hospitalisiert und auf Intensivstationen.
Die Regierung macht falsch, was man nur falsch machen kann, die 2G/3G-Regelungen sind ein Witz, niemand kontrolliert das wirklich. Selbst getestet nur noch irgendwo rein zu können, ist ein Witz, da bei Geimpften die Schnelltests viel zu oft „Negativ“ anzeigen.
Derzeit ist alles noch geöffnet, Kinos, Restaurants, Geschäfte- aber nur für Leute, die die 2G-Regel erfüllen. Umgeimpft und getestet kommt man nirgends rein. Was ich persönlich auch für richtig erachte – meiner Meinung nach sollte für 3,4 Wochen niemand mehr irgendwo reinkommen und alle sollten geimpft sein. Das entlastet die Intensivstationen und es würden mehr Menschen überleben und weniger Menschen an den Folgen der Covid-Infektion leiden.
Aber: Das Einzige, was wirklich helfen würde, ist ein richtiger Lockdown.
Alles dicht. Keine Ausnahmen, außer für Lebensmittel, und vielleicht Tankstellen. Aber das ist leider nur meine Meinung.
Sicheres Glücksäffchen
Da die relevante Frage „Wann infizieren wir uns“ natürlich auch für kleine Kinder, wie unser Glücksäffchen gilt, ist die nächste logische Frage für mich „Möchte ich mein Kind komplett ohne Schutz infizieren lassen oder möchte ich ihm den bestmöglichen Schutz mitgeben, den wir haben?“.
Natürlich möchte ich meinem Kind den bestmöglichen Schutz geben, den wir haben.
Ich liebe mein Kind.
Ich möchte mein Kind nicht auf einer Intensivstation *nicht* besuchen können, während es dort allein, umgeben von Maschinen und Pflegern um sein Leben kämpft.
Kinderärzte impfen nicht.
Impfen nicht U12, impfen nicht U5, weil noch keine Empfehlung der Stiko vorliegt, obwohl mehr als ausreichend Daten aus Israel und den USA vorliegen, die belegen, dass es kaum Nebenwirkungen (außer den Üblichen; Arm tut weh, Erkältungssymptome für ein paar Tage) auch bei Kindern U12 / U5 gibt.
Die Kinder müssen aber trotzdem in Kitas, Kindergärten und Schulen, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie sich infizieren. Die Politik scheißt drauf. Hauptsache, die Eltern können weiter zur Arbeit rennen. Kinder werden auf dem Altar der Erwerbstätigkeit geopfert.
Im Moment rauscht Delta durch die nichtgeimpften Altersgruppen wie ein heißes Messer durch Butter. Der Anteil an Hospitalisierungen bei Kindern und Jugendlichen klettert immer weiter in die Höhe.
Real Untergrund.
Also mussten wir eine Entscheidung treffen. Wir haben uns entschieden, nach einer Impfmöglichkeit für das Glücksäffchen zu suchen.
Und, nach einiger Zeit haben wir eine gefunden. Der Weg dahin war nicht leicht. Um den Schutz der U12 / U5 impfenden Ärzte zu gewährleisten, ist es schon ein bisschen, wie wenn man was Verbotenes tut.
Mit Screening, ob man kein Schwurbler ist. Kein Querdenker.
Daten dürfen nicht weitergegeben werden, Identitäten sollen nur einem kleinen Kreis bekannt bleiben. Weil Querdenker zum Mord von impfenden Ärzten aufrufen und sie mit Morddrohungen überhäufen.
Gestern waren wir unterwegs, das Glücksäffchen impfen lassen. Wir waren von morgens bis spät abends mit dem Kleinen unterwegs. Für einen kleinen Piks, der selbstversändlich für alle Kids sein sollte, weil er einen so großen Unterschied macht.
(Der Kleine hat den Piks übrigens super überstanden.)
Mir ist ein riesiger Stein vom Herzen gefallen, weil ich weiß, dass unser Junges jetzt schon ein bisschen sicherer ist. Gleichzeitig fühlte ich mich, als wäre ich ein Krimineller, der etwas Verbotenes tut. Real Untergrund. Und das sollte nicht so sein, wenn man nur sein Kind schützen möchte. Das ist nicht richtig.
Aber wir wissen jetzt, dass das Glücksäffchen sicherer ist, und das ist mir das alles wert.
So viel zu tun, so wenig Kraft
In knapp 2,5 Monaten ziehen wir um.
Ziehen in meine alte Heimat, verlassen unser schönes Haus im Ruhrgebiet, verlassen unser Gym, unsere Arbeitsstelle (nur physisch), die Kita des Kleinen (mit den beiden Betreuerinnen, die er wirklich liebt) und unsere Gewohnheiten, Wege, ja, unser ganzes Leben der letzten 8 Jahre.
Wir haben endlich ein Haus gefunden, welches auf unsere Anforderungen passt, nicht zu teuer ist, und wirklich schön gelegen.
Ein großer Teil von mir freut sich darauf, endlich wieder bei Familie und Freunden zu sein, ein kleiner Teil hat doch schon etwas wie Wehmut. Aber, was mich viel mehr beschäftigt, ist, wie meine Familie damit umgehen wird und kann.
Meine Frau sieht Zahlen, Unwegbarkeiten und die Probleme, die auftauchen könnten. Wir haben eine riesige to-do-Liste. Wir müssen uns zeitgleich auch noch darum kümmern, unsere Autos loszuwerden und ein neues zu organisieren. Streichen, Handwerker bestellen, Küche aufbauen lassen, um gestiegene Gas- und Strompreise kümmern, Farben zum Streichen suchen, Telefon- und Internet umbestellen, das alte Haus übergabefertig machen, Sachen aussortieren, packen, Sperrmüll klarkriegen und so weiter. Und wir haben hier einfach niemanden außer uns. Das ist viel zu tun für zwei Leute, die in Vollzeit arbeiten und noch ein sehr forderndes Kleinkind betreuen.
Immerhin: Der Große freut sich jedenfalls sehr auf die neue Schule, neue Leute und ein neues Leben. Und das nimmt mir schon mal einen riesigen Klotz von den Schultern.
Der Kleine ahnt vermutlich etwas, ist aber noch viel zu klein, um zu verstehen, was auf ihn zukommt. Dass sich sein Leben in 2.5 Monaten komplett ändern wird, und er seine Betreuerinnen und seinen Best-Buddy aus der Kita vielleicht niemals wiedersehen wird.
Klar, man kann sagen, dass er noch klein ist, sich schon umgewöhnen wird, und das ist sicherlich alles richtig. Was mir das Herz bricht, ist, dass er kein Mitspracherecht hatte, und nicht einmal weiß, dass er seine beiden Betreuerinnen nicht wiedersehen wird und sich nicht einmal verabschieden kann.
Er ist ein wundervoller, sehr emotionaler und sehr liebenswerter kleiner Mensch und die beiden sind, da wir hier ja komplett ohne Familie und Freunde waren, seine Familie. Die gehören dazu. Sie werden auf einmal nicht mehr da sein, und er weiß nicht einmal, wieso.
Klar, er kommt in einen neuen Kindergarten, bekommt viel mehr von seiner Familie und Freunden mit, wo auch viele Kids in seinem Alter sind. Aber trotzdem. Das ist ein großer Verlust für so einen kleinen Kerl, und ich hoffe, wir können das irgendwie auffangen.
Es sind nur noch ein paar Monate, und je näher der Termin rückt, desto surrealer wird das alles für mich. Durch die Coronasituation wird alles nicht nur surrealer, sondern geradezu bizarr.
Ich werde jetzt alles dafür tun, mir den Dreck nicht noch durch Unachtsamkeiten einzufangen, nicht mehr zum Boxen gehen (zumindest nicht vor der Booster-Impfung), im Homeoffice arbeiten und hoffen, dass niemand das in Kita oder Schule anschleppt.
Wir sind müde und erschöpft. Müde von der Aufgabe, die vor uns steht, müde von den drei Jahren, die ohne irgendeine Form von Unterstützung mit Kleinkind hinter uns liegen, müde von der Corona-Situation, uns sitzen die Lockdowns vom letzten Jahr immer noch in den Knochen und eigentlich können wir nicht mehr.
Wir schleppen uns von Tag zu Tag, zählen Stunden und manchmal auch Minuten. Wir freuen uns, wenn wir aufstehen, schon darauf, endlich Abend zu haben und wieder schlafen zu können. Dabei schlafen wir seit drei Jahren nur mit Unterbrechungen. Selbst, wenn wir mal, was selten ist, durchschlafen, hilft das nicht, auch nur einen kleinen Balken des Akkus wieder aufzuladen.
Konzernwohl und Elternleid
Anfang Februar 2021. Fast ein Jahr mit Corona.
Fast ein Jahr, in dem sich so viel verändert hat.
Wir kennen jetzt viele neue Dinge, die wir vor einem Jahr nicht einmal im Traum für möglich gehalten hätten (Covidioten, Impfverweigerer, Schodo Biffmann, Jana aus Kassel, „Sturm“ auf den Reichstag, massive Rechtsausleger in unseren Sicherheitskräften und in der Politik).
Wir sehen, wie schnell sich menschliche Abgründe auftun können, wenn man ein bisschen anders ist als Friede Freude Arschkuchen im Wohlstandsland Deutschland.
Wir sehen, wie dünn der Boden unserer Zivilisation ist, wenn es darum geht, auch in einem Ausnahmefall einen kühlen Kopf zu bewahren.
Wir sehen, wie viele Menschen Scharlatanen wie Schiffmann, Hildmann, Feuerstein, Fuellmich und natürlich der AfD hinterherrennen.
Wir sehen, wie diese Personen und Gruppierungen alles daran setzen, unserem Staat zu schaden. Unser aller gemeinsames Leben unerträglicher zu machen.
Wir sehen auch, wie der Staat auf ganzer Linie versagt, wenn es darum geht, Konzepte zur Sicherheit unserer Kinder auszuarbeiten. In einer globalen Pandemie, die jeden Tag durch neue Mutationen des Virus schlimmer wird, sollen Kinder so schnell wie möglich wieder Schulen (und Kitas) besuchen, weil Präsenzunterricht das Einzige ist, was sich Kultusminister und Ministerpräsidenten vorstellen können.
Juli 2020 wurden per Corona Hilfe I vom Bund 500 Millionen bereitgestellt. Aufgeteilt werden diese Hilfen nach dem Königsteiner Schlüssel. Die Länder geben zu den erhaltenen Hilfen einen Eigenanteil von 10% hinzu. Macht insgesamt auf die BRD gerechnet eine Summe von 550 Millionen. Weitere 500 Millionen gab es im November 2020, dieses Mal zur Förderung von Administratoren. Scheinbar hat man gemerkt, dass Rechner allein noch nicht viel helfen, die müssen auch eingerichtet und verwaltet werden. Noch später hat man gemerkt, dass nicht nur Schüler, sondern auch Lehrer adäquates Arbeitsmaterial benötigen, und so gab es auch noch einmal 500 Millionen für Lehrer-Laptops.
Das sind 1.5 Milliarden Euro, und das klingt erst einmal nach sehr viel Geld. Aber schauen wir uns an, was der Staat an Hilfen für Konzerne und Unternehmen ausgibt.
460 Millionen bekommt Karstadt zur „Rettung“.
TUI bekommt 1.8 Milliarden.
Die Lufthansa bekommt 9 Milliarden. Und entlässt dennoch viel Personal.
Adidas bekommt 2.4 Mrd Euro.
Viel deutlicher kann ein Staat nicht zeigen, wie egal ihm die Gesundheit von Kindern und Lehrern (und sonstigem an diesen Einrichtungen arbeitenden Personal!) ist.
Die Politik, allen voran CDU und FDP wollen öffnen, öffnen, öffnen.
Und das, wo zwar im Moment die Infektionszahlen sinken, aber die Mutationen erst gerade im Begriff sind, richtig loszulegen bzw, noch gar nicht richtig bei uns angekommen sind.
Die Mutation B117 ist ansteckender und tödlicher – betroffen davon sind hauptsächlich Menschen unter 20. Und das sind in der Regel Kinder und ältere Schüler.
Zum angeblichen Wohl der Kinder sollen Schulen und Kitas wieder aufgemacht werden. Das Wohl der Kinder, die bis vor Corona auch niemanden interessiert haben. Aber jetzt, wo die Eltern auf einmal nur noch, eingeschränkt zwischen Arbeit, Homeoffice, Kinderbetreuung und Homeschooling und Arbeitgeber mürrisch werden, weil die Arbeitsleistung nicht mehr erbracht werden kann, wo es Geld kostet, die Schulen auf einem annähernd aktuellen technischen Stand zu bringen, da interessiert das Kindeswohl auf einmal.
Da wird sie dann hervorgeholt, die heilige Kuh Präsenzunterricht.
Für Eltern, gerade für Eltern, bei denen beide Elternteile arbeiten, ist die Situation untragbar geworden. Seit Monaten müssen Kleinkinder betreut oder ältere Kinder im „Homeschooling“ unterstützt werden. Zusätzlich zur Vollzeitarbeit.
Das Equipment für Schüler und Lehrer ist immer noch unzureichend, die Datenleitungen oftmals weniger als ungenügend; ein Verdienst der Verschleppung der Digitalisierung der letzten 20-30 Jahre. So kann kein moderner, und vor allem für Lehrer und Schüler sicherer Unterricht stattfinden.
Kitas befinden sich im „Notbetrieb“.
Eine Umfrage* in Kindertagesstätten zeichnet ein interessantes Bild des „Notbetriebs“:
Kurzübersicht der Auswertung/Inhalte
- 77,13 Prozent der Tageskinder (12.089 Kinder) in den befragten Kindertagespflegestellen nutzen derzeit trotz Appell die Betreuung.
- 32,8 Prozent der Eltern nutzen die Betreuung aufgrund der Berufstätigkeit beider oder alleinerziehender Elternteile, familiärer Überlastung oder aus Gründen des Kindeswohls.
- In 8,9 Prozent der Tagespflegestellen besuchen ein oder mehrere Kinder derzeit die Betreuung, da die Eltern Covid-19 nicht als Gefahr empfinden und Kontaktbeschränkungen als überflüssig erachten.
- In 67,4 Prozent der Kindertagespflegestellen besuchen ältere Geschwisterkinder eines oder mehrerer Tageskinder derzeit andere Betreuungsformen (Kita, schulische Notbetreuung).
Sicher. Es gibt erweiterte Kinderkrankenscheine. Aber den damit einhergehenden Einkommensverlust muss man sich leisten können. Auch muss man einen Arbeitgeber haben, der diese Kinderkranktage toleriert. Bei einer fast 3/4-Nutzung der Kindertagesstellen wird deutlich, dass das eher die Ausnahme als die Regel ist.
Konzerne werden mit Milliardenbeträgen unterstützt. Eltern, Kinder und Betreuungspersonal, gerade in Kitas werden allein gelassen. Für Mitarbeiter in Kindertagesstätten gibt es mehrere (bei uns 6) Corona-Test (bis Ostern) und sporadische, aber nicht ausreichende Maskenzuteilungen. Weitere Fördermittel wurden noch nicht angeboten.
Es gilt die Aufforderung, Kinder möglichst zu Hause zu betreuen. Das schiebt die Verantwortung, die eigentlich der Politik zusteht, auf die Schultern der Eltern.
Aus eigener Erfahrung wissen wir: Das funktioniert nur bis zu einem gewissen Grad.
Nach zwei Monaten Schichtarbeit / Kleinkindbetreuung waren bei uns alle Reserven aufgebraucht und die Nerven lagen blank. Wir haben uns schweren Herzens dazu entschlossen, den Kleinen wieder in die Kita zu bringen. Die Gefahr, dass er an Corona erkrankt und Langzeifolgen davonträgt, ist gegeben und drückt ebenfalls auf unsere Schultern. Wir haben das Glück, in einer Kita mit einer einstelligen Zahl anderer Kinder zu sein; die Inzidenzwerte in unserer Stadt sind relativ gering. Dieses Glück haben viele andere Eltern, denen es ebenso wie uns geht, sicherlich nicht.
Statt Milliarden für Unternehmen auszugeben, wäre es an der Zeit, dass die Politik anfängt, an die Eltern zu denken, die mit dieser Situation irgendwie umgehen müssen.
Die Situation wird sich, dank der Mutationen des Virus und der mehr als schleppend vorangehenden Impfungen, auf unsabsehbare Zeit hinziehen.
Eine wirkliche Entlastung der Eltern ist wirklich nur möglich, wenn Kinderkrankentage ohne Gehaltsverlust oder Stundenreduktion bei vollem Lohnausgleich möglich sind.
Hier sollte die Politik schnellstmöglich handeln.
*Umfrage zur beruflichen und privaten Situation der Kindertagespflegepersonen in NRW mit Stand vom 14.01.21, Befragung von Montag, den 11.01.21 bis Donnerstag, den 14.01.21 Teilnahme: 3442 Kindertagespflegepersonen aus NRW mit rund 5.673 Betreuungsverträgen
Müde.
Das Jahr ist keine zwei Monate alt und ich bin so unglaublich müde.
Ich bin müde von Corona.
Ich bin müde von Leuten, die Corona leugnen und alles nur noch schlimmer für alle machen.
Ich bin müde von einer Regierung, die von Anfang an nicht auf Leute hört, die sich mit Pandemien auskennen und sich stattdessen beraten lässen von Menschen, die mit allem, was sie seit Anfang der Pandemie gesagt haben, falsch lagen.
Ich bin müde davon, dass Familien in dieser beschissenen Zeit einfach verheizt und hängen gelassen werden und das Wichtigste „die Wirtschaft“ ist.
Ich bin müde vom Winter.
Ich bin müde von der Dunkelheit, dem Regen, der Kälte.
Ich bin müde von der Arbeit.
Ich bin müde, wegen unserer Einsamkeit hier und alle Freunde und Familie hunderte Kilometer weit weg zu wissen.
Ich bin müde vom Druck, der auf unserer Familie lastet, die alles ohne jegliche Hilfe von außen allein stemmen muss.
Ich bin müde davon, diesen Druck nicht mehr auzuhalten.
Ich bin müde davon, dass ich nicht so viel Energie für meine Kinder habe, wie ich gern hätte.
Ich bin müde davon, wegen meiner Schwäche den Kleinen wieder in die Kita bringen zu müssen.
Ich bin müde davon, meiner Frau wegen meiner Schwäche noch mehr Last aufzuhalsen.
Ich bin müde, weil ich Angst um den Kleinen habe.
Ich bin müde aus Angst, dass er sich infiziert.
Ich bin müde aus Angst, dass er meine Frau und/oder mich infiziert und schlimmstenfalls als Halbwaise oder Waise aufwachsen muss und sich den Rest seines Lebens fragt, wie sein Papa oder seine Mama waren.
Ich bin müde, weil ich keine Verbesserung der Lage sehe.
Ich bin müde, weil ich manchmal einfach nicht mehr weiter kann.
Ich bin müde, weil ich manchmal einfach nur weinen möchte aber nicht mal das kann.
Ich bin müde, weil die Müdigkeit mir soviel Kraft entzieht.
Ich bin müde, weil ich selbst nicht ruhen kann, wenn ich schlafe.
(fast) 1 Jahr Kinder und Corona
40 Jahre Tsunami
Ursachen und Konsequenzen
Mama, Papa, Kind und Kita
Mama und Papa müssen arbeiten, und das Glücksbaby geht in die Kita. Soweit, so einfach, mag man denken. Aber weit gefehlt. Ganz so leicht ist das nämlich nicht. Aber von Anfang an.
Mama ist schon wieder arbeiten, deshalb übernimmt der Papa die Eingewöhnung in die Kita. Eingewöhnung bedeutet, dass ein Elternteil das Kleine in die Kita begleitet. Anfangs nur eine Stunde, einfach um die Erzieher/innen und die anderen Kinder kennen zu lernen.
Das Baby sieht andere Kinder, macht bei Aktivitäten wie Singen und Spielen mit und kann sich, weil ja der Papa dabei ist, an die neue Umgebung und die ganzen vielen neuen Menschen ganz entspannt gewöhnen.
Ich mag das Wort „Erzieher“ nicht. Es erinnert mich an Regeln und Strafen, wenn etwas vom Kind „falsch“ gemacht wurde. Ich möchte mein Kind nicht „strafen“. Ich möchte mit ihm gemeinsam Lösungen für ein Verhalten finden, mit dem alle, inklusive dem Kind, glücklich sein können. Wenn ich etwas ablehne, dann Strafen beim Großziehen der Kleinen.
Er soll also dort nicht „erzogen“ werden. Ich möchte, dass er dort mit anderen Kindern gemeinsam (auf)wachsen und sich im Rahmen festgelegter Regeln bewegen kann. Regeln sind wichtig, aber das Weglassen von Strafen ist es auch.
Die Eingewöhnung
Das erste Mal war ich mit dem Kleinen da, als viel Singen und Spielen mit Tüchern auf dem Plan stand. Leider zu einer Zeit, in der Glücksbaby eigentlich sein Morgenschläfchen hielt. Die Tücher haben ihn, weil er müde war und sie noch nicht kannte, ganz schön erschreckt, aber das Singen und mit Rasseln spielen hat ihm trotzdem gut gefallen.
Die ersten beiden Male hatte ich Baby die ganze Zeit bei mir, beim dritten Mal haben wir dann auch eine Übergabe an eine Begleiterin erfolgreich versucht. Der Kleine ist sogar bei beiden Begleiterinnen auf dem Arm eingeschlafen. Für mich ein ziemlich gutes Zeichen, dass er sich dort wohl fühlt.
Nach zwei, drei Besuchen wurde die Besuchszeit erhöht, und wir haben mehrere Stunden am Stück in der Kita verbracht. Die Kontaktaufnahmen zu den anderen Kindern war noch recht verhalten, aber seine Hauptbezugsperson war ja auch noch immer da.